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Quinoa – die Wiedergeburt des "Inkakorns"
Die Kleinbauern des HAND IN HAND-Partners ANAPQUI setzen auf konsequente Nachhaltigkeit
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Das Herz von ANAPQUI schlägt im südlichen Altiplano, dem Hochland Boliviens. Hier, in der Nachbarschaft der weltweit größten Salzseen, leben die über 2.200 Mitglieder zumeist indigener Abstammung. Sie bauen Quinoa an – kontrolliert biologisch, fair gehandelt und im Einklang mit Pachamama, der Mutter Erde.
Der Altiplano, die Hochebene der Zentralanden, ist eine karge, fast schon lebensfeindliche Umwelt. Das Klima ist kalt und trocken, der Wind allgegenwärtig, zugleich beginnt die Luft hier auf rund 3.600 Meter über dem Meeresspiegel dünn zu werden. Zwischen dem Gleißen der weißen Salzkruste und dem Azurblau des Himmels, dem Rostrot der Vulkanberge und dem Ocker der Hochlandsteppe leuchten plötzlich Felder auf. Eine krautige, bis zu zwei Meter hohe Pflanze überwältigt mit ihrem Spektrum aus unterschiedlichen Rottönen, Gelb, Weiß, Grün und Violett.
Es ist Quinoa. In ihren zum Teil abgelegenen Gemeinden kultivieren die Bauernfamilien dieses Pseudogetreide – genauer Quinoa Real, die "königliche Quinoa", eine traditionelle, edle Sorte mit etwas größerer Körnung und mild-nussigem Geschmack – auf den überwiegend sandigen und salzigen Böden. Der widerstandsfähigen Pflanze machen die Höhenlage von 3.600 bis 3.800 Meter und die extremen Bedingungen wenig.
Quinoa
ANAPQUI in Kürze
Kleinbauernvereinigung mit über 2.200 Mitgliedern
Anbau von Bio-Quinoa ("Quinoa Real") im Altiplano Sur, dem Hochland von Bolivien
Eigene Verarbeitung in El Alto und weltweiter Export
Zusammenarbeit mit Rapunzel seit 1995, HAND IN HAND-Partner seit 1999
Konsequenter Bio-Anbau und Fairer Handel erlaubt den Menschen im Andenhochland echte Perspektiven.
Konsequenter Bio-Anbau und Fairer Handel erlaubt den Menschen im Andenhochland echte Perspektiven.
Königin Quinoa – Geschichte eines Ausnahmekorns
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Das Pseudogetreide Quinoa wird seit Jahrtausenden kultiviert und erlaubte in der rauen Lebenswelt des Altiplano bereits Hochkulturen weit vor unserer Zeitrechnung. Als die Spanier das Inkareich eroberten, verboten sie den Anbau von Quinoa (und ihrer „Schwesterkultur“ Amarant), um die indigene Bevölkerung zu schwächen. So geriet Quinoa über die Jahrhunderte beinahe in Vergessenheit. Mit importiertem Billigweizen aus den USA drohte dem einheimischen Markt in den 1980er Jahren dann das endgültige Aus.
Gegen diese Entwicklung stemmten sich einige Bauernverbände im Altiplano. Sie schlossen sich 1983 zu ANAPQUI (ein Akronym aus "Asociación Nacional de Productores de Quinoa") zusammen, um ihr einstiges Grundnahrungsmittel zu retten – und neue Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten zu finden. Ihre Standfestigkeit wurde belohnt.
Ausgerechnet die Raumfahrt verhalf dem königlichen "Korn der Inkas" wieder zu seinem alten Glanz. 1993 pries die NASA die genügsame Pflanze als ideales Lebensmittel für künftige Weltraumkolonien. Es war der Anfang einer neuen Erfolgsgeschichte. In den letzten 30 Jahren trat das Pseudogetreide weltweit seinen Siegeszug an – nicht zuletzt, nachdem 2013 die Welternährungsorganisation FAO als das "Internationale Jahr der Quinoa" ausgerufen hatte.
Das "Korn der Inka" leuchtet.
Das "Korn der Inka" leuchtet.
Erste Auslese- und Reinigungsschritte erfolgen auf dem Feld.
Erste Auslese- und Reinigungsschritte erfolgen auf dem Feld.
Eine Bio-Bäuerin reinigt ihre Quinoa-Ernte mit der traditionellen Methode des Windsichtens.
Eine Bio-Bäuerin reinigt ihre Quinoa-Ernte mit der traditionellen Methode des Windsichtens.
"Es ist erfreulich, wie sich der Quinoa-Anbau in den letzten Jahren entwickelt hat", freut sich Bäuerin Felicidad Gonzales, seit vielen Jahren Mitglied von ANAPQUI. "Das haben wir dem Bio-Anbau und dem Fairen Handel zu verdanken. Viele Familien sind aufgrund der guten Perspektiven, die der Quinoa-Anbau heute bietet, hierher zurückgekommen."
Doch der Boom brachte ganz neue Herausforderungen mit sich – durch diejenigen, die "Pachamama" vergessen haben. Denn mit der Intensivierung der Landwirtschaft gerät das fragile Gleichgewicht der Hochebene zunehmend unter Druck.
Anbauflächen werden stark ausgeweitet, auch auf Flächen, die traditionell nicht für den Anbau genutzt wurden. Wichtige Brachzeiten werden verkürzt oder ausgelassen. Der Einsatz schwerer Maschinen schädigt den Boden und erhöht gemeinsam mit dem Rückgang der Vegetation – und damit immer größer werdenden Abständen der Windfänger aus ganzjährigen Sträuchern – die Bodenerosion. Umso wichtiger sind unter solchen Bedingungen ein konsequent biologischer Anbau und ein kluges Austarieren aus arbeitserleichternder Modernisierung und ressourcenschonender Handarbeit. Hier setzt die Arbeit von ANAPQUI an.
Anbau und Verarbeitung
Quinoa ist für viele Mitglieder von ANAPQUI die wichtigste Einkommensquelle. Manche besitzen außerdem Lamas, seltener Schafe, in einigen Regionen lassen sich auch Kartoffeln und Bohnen für die Selbstversorgung ziehen.
Den Boden lockern die Bauernfamilien vor der Aussaat manuell, wo möglich und sinnvoll maschinell auf. Im September, wenn auf der Südhalbkugel der Frühling beginnt, säen die Bäuerinnen und Bauern aus. In den folgenden Wachstumsmonaten – es ist die Zeit mit den höchsten Niederschlägen auf der ansonsten trockenen Hochebene – bleiben die Arbeiten überschaubar. Dazu gehört, Beikräuter zu entfernen und nicht zuletzt die sich zunehmend ausbreitenden Schädlinge einzudämmen. Wichtigster Schädling für die Quinoapflanzen ist übrigens eine Motte. Gegen sie verwenden die Bauernfamilien Pheromonfallen, die von ANAPQUI kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Die Ernte des "Inkakorns" erfolgt im April, teilweise bis in den Juni hinein. Die Pflanzen werden zum Trocknen in Garben aneinandergestellt. Ein paar Tage später breiten die Bäuerinnen und Bauern die Pflanzen auf einem Tuch aus und dreschen sie mit Hilfe eines Traktors. Anschließend reinigen sie die Ernte von Hand mit einem Sieb und mit der traditionellen Methode des Windsichtens: Die gedroschenen Ähren werden mit einem Sieb in die Luft geworfen, der Wind weht Spelz und Spreu fort und die Quinoa-Samen landen wieder auf dem Sieb.
Bevor die Quinoa in die Verarbeitungsanlage in El Alto geht, wird die Ernte in Challapata gesammelt.
Bevor die Quinoa in die Verarbeitungsanlage in El Alto geht, wird die Ernte in Challapata gesammelt.
Wir wissen, wo es herkommt: Barbara Altmann, Leiterin des Rapunzel Sustainable Supply Chain Management, besucht ANAPQUI.
Wir wissen, wo es herkommt: Barbara Altmann, Leiterin des Rapunzel Sustainable Supply Chain Management, besucht ANAPQUI.
ANAPQUI kauft die Ernte vor Ort direkt bei den Bauernfamilien auf und lässt dabei jede Lot bzw. Charge vorab analytisch prüfen. Damit sichert die Vereinigung nochmals die Bio-Qualität ab und die Familien profitieren davon, dass ihre Ernte nicht über Zwischenhändler geht. ANAPQUI führt die Quinoa zuerst in einer Lagerstätte in Challapata – einer Kleinstadt zwischen Oruro und Potosí – zusammen. Von dort geht die Quinoa nach El Alto, der Millionenstadt am Rande der Hochebene, in die eigene Verarbeitungsanlage.
Den größten Teil der Quinoa-Ernte exportiert ANAPQUI als ganzes „Korn“ nach Europa, Nordamerika und in andere Regionen der Welt. Rund ein Viertel bleibt auf dem heimischen Markt – auch über ein staatliches Hilfsprogramm für stillende Mütter sowie öffentliche Schulversorgung – oder wird von ANAPQUI weiterverarbeitet zu Pasta, Brot und anderen glutenfreien Produkten.
Managementsystem für soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit
"ANAPQUI möchte das Thema Nachhaltigkeit auf allen Stufen der Lieferkette neu denken", erklärt Abraham Apaza, Geschäftsführer von ANAPQUI. In den letzten Jahren hat die Vereinigung ihre Bemühungen in einem umfassenden Nachhaltigkeitsmanagementsystem gebündelt – durchaus ein Vorbild auch für andere HAND IN HAND-Partner. Ein guter Grund, weshalb es auf einem der HAND IN HAND-Workshops, bei denen die Partner bei Rapunzel zusammenkommen, im Mittelpunkt stand.
So will sich die Kleinbauernvereinigung klarer strategisch und operativ ausrichten und Herausforderungen der Zukunft im Blick behalten. Zu den daraus abgeleiteten Maßnahmen gehört beispielsweise, die Mitglieder in der Kostenanalyse zu schulen – ganz im Sinne des Fairen Handels, der die KleinbäuerInnen befähigen möchte, zu selbstbestimmten UnternehmerInnen und echten Partnern auf Augenhöhe zu werden. Aber auch langfristige Anpassungen mit Blick auf den Klimawandel gehören dazu.
ANAPQUI investiert – nicht zuletzt mit Hilfe der Rapunzel HAND IN HAND-Prämie – viel in die Beratung der Bauernfamilien und hat mit PROQUINAT ein eigenes Unternehmen gegründet, das Schulungen organisiert und umsetzt. Außerdem betreibt die Vereinigung eine eigene Baumschule: Die Mitglieder pflanzen einheimische Sträucher, die in diesen Höhen noch wachsen, als Randstreifenbegrünung um die Quinoa-Flächen. Sie zielen darauf, die Bodenerosion im Hochland, vor allem durch Wind, zu verringern.
Auch aus dem Rapunzel HAND IN HAND-Fonds (heute: HAND IN HAND-Spende) wurden bereits mehrere Projekte zur Wiederbegrünung des Hochlandes mit Busch- und Strauchvegetation, aber auch die Entwicklung alternativer Anbauformen gefördert. Zuletzt erhielt ECOTOP – Vorbereiter des Dynamischen Agroforsts – eine Förderung für ein Pilotprojekt, das Methoden der Agroforstwirtschaft im Quinoa-Anbau integrieren soll.
Für die Erhaltung der Andenhochebene ist eine ausgewogene Mischung aus Bewirtschaftung, Strauchbewuchs und Schonflächen wichtig.
Für die Erhaltung der Andenhochebene ist eine ausgewogene Mischung aus Bewirtschaftung, Strauchbewuchs und Schonflächen wichtig.
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