Denn nährstoffarm und steinreich – für viele Kulturen ungünstig – sind gute Bedingungen für Linsen. Karge, trockene Kalkböden eignen sich daher hervorragend für den Anbau der Hülsenfrüchte. Wir stehen an einem Linsenfeld, leichte Hanglage, die Hülsenfrüchte treiben grün an diesem Augusttag, obwohl ihre Wurzeln bereits halb verdorrt sind. Sogar neue Blüten bilden die Pflanzen jetzt noch aus, zeigt Landwirt Anton Scheidel. „Was für eine Kraft“, sinniert er und dreht das Grün bedächtig in seiner Hand. Ein Lächeln umspielt seine Lippen.
Ab Ende Mai blühen die Hülsenfrüchte weiß mit einem leichten Blaustich. Jetzt im August ist ein Großteil der Früchte erntereif. Anton Scheidel hält einige der Linsen ins Licht. Sie sind grün gesprenkelt mit einer fast metallisch blauen Färbung.
"Was für ein schönes Blaugrün!" "Wunderschön", bestätigt Anton Scheidel. "Bleiben die nach der Verarbeitung auch noch so?" "Ja, schonend gekocht, behalten sie ihre grüne Farbe." Einst waren Linsen ein Klassiker in Süddeutschland. Inzwischen ist viel Wissen um den Anbau der Hülsenfrüchte verloren gegangen. Das ist doppelt bedauerlich: nicht nur, weil sie ein gesundes, proteinreiches und leckeres Lebensmittel darstellen, sondern auch weil Leguminosen hervorragende Stickstoffbinder im Boden sind und damit eine wichtige Rolle für die Gesundheit und Fruchtbarkeit des Bodens spielen. Ein Grund, weshalb Rapunzel zunehmend aus Hülsenfrüchte aus Deutschland und Europa setzt.
Auf dem Hof unten im Tal hängt Staub in der Luft, ein Mann reinigt den Mähdrescher, der alte Labrador legt sich hechelnd auf den kühlen Hallenboden. Ein Trockenwagen mit Belüftungsschlauch steht vollbeladen mit den hübschen grünen Linsen unter dem Dach. Die Hülsenfrüchte sind vorgereinigt und trocknen nun. Einen Tag lang wird dazu Warmluft zugeführt. Die Hand fährt durch die Frucht auf dem Wagen, es ist ein schönes Gefühl. Später gehen die Linsen dann zur Feinsortierung.
„Der Linsenanbau in Hohenlohe stellt für mich eine neue Perspektive dar. Zum einen sind Linsen sehr wertvolle Leguminosen für eine ausgewogene Fruchtfolge, indem sie Stickstoff aus der Luft binden und so zur Bodengesundheit und –fruchtbarkeit beitragen. Zum anderen bietet der Linsenanbau eine zusätzliche Einkommensquelle für mich und meine Familie sowie für die heimischen Bio-Bauern der Region Hohenlohe.“ Anton Scheidel baut auf seinem Familienbetrieb in Hohenlohe im Main-Tauber-Kreis auf 50 Hektar grüne Linsen an, die im Geschmack der bekannten „Du Puy“ ähnlich sind. Hohenlohe wird aufgrund seine fruchtbaren, kalkhaltigen Böden auch als die Kornkammer Württembergs bezeichnet. Als historisches Bauernland spielt die Landwirtschaft rund um die fruchtbare und waldarme Hohenloher Ebene bis heute eine tragende Rolle. Neben Linsen baut Anton Scheidel auch Kümmel, Koriander, Dinkel, Einkorn, Emmer, Leinsaat und Leindotter in der Fruchtfolge an.